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SÜDAFRICA

INKAMANA

Die Abtei begann als Mission am 3. August 1922, nachdem die Kongregation von Ottilien die Erlaubnis erhalten hatte, im Apostolischen Vikariat von Natal missionarisch tätig zu sein. Geleitet wurde die Mission von Apostolischer Vikar Thomas Spreiter, der seit 1900 in Deutsch-Ostafrika tätig war. Mit Hilfe der Benediktinerinnen von Tutzing wurde ein Gymnasium gebaut, an dem Spreiter Religion unterrichtete. Ein neu erbautes Klostergebäude wurde 1949 fertiggestellt, und 1953 wurde eine Kirche eingeweiht.

Am 21. Juni 1968 wurde die Mission in den Rang eines Konvent-Priorats erhoben, und am 25. Februar 1982 wurde sie zur Abtei. Seit dem 29. Juni 1998 betreuen die Mönche der Abtei auch das ehemalige Missionshaus der Missionsoblaten der Unbefleckten Jungfrau Maria, das St. Bonifatius-Haus Waldfrieden, 50 km nordwestlich von Windhoek, wo sie mit den Missions-Benediktinerinnen von Tutzing zusammenarbeiten. Eine Ausbildungsstätte für die jungen Mönche von Inkamana wurde 1992 in Howick gegründet und 1998 ins nahe gelegene Cedara verlegt.

Die im Herzen des Zululandes gelegene Inkamana High School wurde am 2. Februar 1923 als Mittelschule mit nur einer Klasse des fünften Schuljahrs von benediktinischen Missionaren aus Deutschland gegründet. Die neue Schule hatte 15 Schüler, vier Jungen und elf Mädchen. Sie zahlten sechs Pence pro Monat für das Schulgeld und brachten Erzeugnisse aus der Landwirtschaft und dem Garten mit, um ihre Unterkunft zu bezahlen. Gegenwärtig sind 200 Schülerinnen und Schüler eingeschrieben, mit je einer Klasse für jede Klassenstufe.

Die Inkamana High School bietet eine ganzheitliche Ausbildung. Neben einer guten akademischen Ausbildung zielt die Schule darauf ab, die Lernenden zu einem Leben in Gemeinschaft zu erziehen, das auf gegenseitigem Respekt und Verantwortung beruht. Es wird erwartet, dass die Lernenden ihre Ausbildung nicht nur als Mittel für ihren persönlichen Aufstieg betrachten, sondern auch als etwas ihnen Anvertrautes, mit der Verantwortung, für das Wohl ihrer Mitmenschen zu wirken.

IMPULS

2 AUGUST

Corona-Camino (Leiden und Sterben)

Christine Gieraths

„Corona“ – so heißt die Gruppe des Virus Covid19. „Corona“ im Spanischen und im Italienischen, „Krone“ auf Deutsch, „crown“ auf Englisch, „couronne“ auf Französisch, „coroa“ auf Portugiesisch. Wie seltsam – das war mein erster Gedanke: ein zerstörerischer Virus erhält einen Namen, der ein Zeichen ist von Macht und Würde eines Herrschers, ein gezackter, oft reich mit Edelsteinen verzierter, breiter Reif aus kostbarem Metall, meist aus Gold. Unter dem Elektronenmikroskop zeigt sich, warum der Virus diesen Namen hat: eine kugelige Struktur, auf der Oberfläche sitzen auf unzähligen kurzen Stielen kleine kronenähnliche Knospen: das sind die Stellen, über die der Virus dann gesunde Zellen angreifen kann. Diese kurzen Stiele mit ihren Knospen sind auch noch mit einer Zuckerschicht überzogen, die es unseren Immunzellen erschweren, die Gefahr unter dieser Schicht überhaupt zu erkennen. Der Virus ist gut getarnt!

Oberfläche des CoV-2-Virus. Ein Molekül des spike-Proteins ist durchscheinend dargestellt, um seine komplexe räumliche Struktur hervorzuheben. © MPI f. Biophysik

Als sich in China zeigte, wie zerstörerisch der Virus ans Werk geht, hatte ich eine erste Ahnung, dass das auch auf andere Länder, auch auf Europa, auch auf mich zukommen würde. Und wie so oft kam mir auch in dieser Zeit der Gedanke: die Wegstrecke, die da vor uns liegt, wird eine schwierige werden. Ich erinnere mich dann an meinen Camino vor vielen Jahren. Gerade noch in schönen, sanften Landschaften kann es wenige Stunden weiter ein schroffes Felsmassiv sein, oder eine unendlich scheinende, öde Hochebene, heiß, ohne Wasser. Und: mit der Unsicherheit, ob ich das schaffe.

Foto: CDC / Unsplash

Abschied von lieblichen Landschaften: für mich war das der Augenblick, als ich im März von meiner Mutter Abschied nahm. Sie wohnt in einer Seniorenresidenz und bereits wenige Tage nach meinem Besuch dort war der Zugang Angehörige verboten. Sie ist über 90, Augen und Ohren sind trotz Brille und Hörgerät eingeschränkt. Am Telefon schaffen wir einen Satz oder zwei, drei, mehr nicht. Mit einer Lupe liest sie die Überschriften der Zeitung. Die Frau, die ihr sonst vorliest, darf nicht mehr kommen. Meine Mutter ist auf ihr Zimmer reduziert, kein Kontakt. Ich danke den Pflegekräften, die dort arbeiten. Und doch: für meine Mutter und für viele Alte ist das wie eine Einzelhaft in einem Gefängnis.

Abschied von gewohnter Umgebung: das war für mich der Augenblick, als meine Firma alle Angestellten, die nicht „betriebsnotwendig“ waren, ins Home-Office schickten. Alle Kontakte waren von da an ausschließlich über Telefon und Computer.

Abschied von der bewährten Ausrüstung: Ich war nie eine große Freundin von Video-Konferenzen. Das direkte, persönliche Gegenüber hat eine unübertreffliche Qualität. Keine Technik, weder optisch noch akustisch kann das leisten. Und doch: wie auf dem Camino, wenn sich die Nähte der bequemen, eingelaufenen Wanderschuhe auflösen oder die Sohle plötzlich bricht, nimmt man als Ersatz das, was gerade möglich ist. Ein Schuster ist nicht in der Nähe, die Sandalen im Rucksack sind nicht so trittsicher, kleine Steinchen rutsche manchmal hinein. Dann ist jeder Schritt ein aufmerksames Spüren, die Schritte werden kleiner, vorsichtiger, ich setzte den Fuß mit größerer Aufmerksamkeit auf. Ich platziere meine Schritte genauer. Ich muss langsamer gehen – obwohl ich diese Gegend lieber besonders schnell verlassen will. Und jetzt, in dieser Situation, bin ich plötzlich zufrieden und sogar dankbar, für die Möglichkeiten per Video-Konferenz. Und: dass ich weiter arbeiten darf, arbeiten kann.

„Ich schaffe das“, sage ich mir selbst, ich rede mir gut zu, ich will es mir beweisen:

Ich arbeite mehr als sonst: es tut gut, mich abzulenken. Und: im Homeoffice kann ich nur zeigen, dass ich arbeite, wenn ich etwas „produziere“. Und so produziere ich: lange Emails, Analysen, Vorträge. Ich nehme an Kursen für Video-Konferenz-Technik teil, nehme an Video-Treffen teil, ich entwerfe Strategien, ich schicke Informationen weiter, ich telefonieren, bis ich rote Ohren habe … Am Ende der ersten Woche merke ich: so geht es nicht weiter. Ich merke: Um nicht zu spüren, dass ich Angst habe, arbeite ich bis an den Rand meiner Kräfte und darüber hinaus.

Auf dem Camino hatte ich zu Beginn ein strenges Programm: jeden Tag mindestens 25 km, sonst schaffe ich es nicht, rechtzeitig in Santiago zu sein! Und: ich stehe noch im Dunkeln auf, ich habe Angst, sonst kein Bett zu bekommen, am Ende der Etappe. Nach zwei Wochen erst merke ich: so kann ich nicht weitermachen, ich bin erschöpft, das ist es nicht, warum ich mich auf den Weg gemacht habe. Ich halte inne, in Burgos. Ich unterbreche für einige Tage in einem Kloster. Und danach: gehe ich mit Muße, spüre, wann mir mein Körper ein Signal gibt zur Pause. Und: Santiago wird auch noch im nächsten Jahr da sein. Ich lasse mir Zeit. Jetzt bin ich bei mir. Das Göttliche lächelt mir zu.

Und nach einer Woche im Homeoffice ist mir klar: Wenn ich über meine Kräfte arbeite, bin ich nicht bei mir, bin ich nicht da. Ich beginne ab der nächsten Woche den Tag mit der Papst-Messe im TV. Ich arbeite nicht mehr als acht Stunden. Jetzt bin ich bei mir. Das Göttliche lächelt mir zu.

„Ich schaffe das“, sage ich mir selbst, in diesen Corona-Tagen, ich rede mir gut zu, ich will es mir beweisen: Dann kommt die Nachricht, dass es in der Seniorenresidenz meiner Mutter die ersten Corona Erkrankten gibt. Die Hilflosigkeit überfällt mich. Zum ersten Mal in dieser Pandemie spüre ich Angst. Ich kann nichts tun.

Auf meinem Camino, vor vielen Jahren, habe ich einmal eine Abkürzung über ein Feld genommen. Weit ab vom Weg kam ich am Rande des Feldes an einen Streifen niedriger Brombeeren. Ich nahm Anlauf, um darüber zu springen – und landete eineinhalb Meter tiefer, in einem trockenen Bewässerungsgraben mit glatten Betonwänden, inmitten eines tiefen Brombeer-Gestrüpps. Dornen von dicken Zweigen bohrten sich in Beine und Arme. Jede Bewegung: ein Meer von Schmerz. Da war sie, die Angst. Und die Hilflosigkeit. Ich kann nichts tun.

Wie im Graben macht die Angst sich in mir breit: Werde ich das überleben? Wird meine Mutter das überleben? Im Graben habe ich mich erinnert, nach ewigen Minuten: ich habe ein kleines Taschenmesser. Ich schnitt mich frei, eine ewige halbe Stunde lang, und kam mit einem Stoßgebet und der Hilfe eines trockenen Grasbüschels am Grabenrand, an dem ich mich hochziehen konnte, heraus. Und jetzt: weiß ich wie damals, dass ich nicht tiefer falle als in Gottes Hand. Und: meine Mutter auch nicht.

Die Corona-Epidemie dauert an. Die beschränkenden Maßnahmen werden eines Tages gelockert werden. Dann werden wir, nach und nach, zuerst mit Masken; wieder hinausgehen. Und wenn es Medikamente, wenn es einen Impfstoff gibt, werden wir in eine andere „Normalität“ zurückkehren. Wir werden spüren, was wirklich wichtig ist, was wir wirklich brauchen.

Nachdem Camino wusste ich für mich: ich kann mit 8 Kilo Gepäck gut leben. Wir werden neue Augen haben: für alles, was uns geschenkt ist. Vor allem: das Geschenk der Nähe. Das Geschenk, das unsere Mitmenschen sind. Und für viele vielleicht auch: das Geschenk der Nähe zum Göttlichen.

GEBET

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Ich danke allen, die sich auf den Weg gemacht haben; ich danke Euch, dass Ihr bei diesen kleinen Projekten dabei seid, beteiligt; ich danke für Euer Gebet, für Eure Hilfe und für Eure Begleitung.

SPENDEN

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Bis nächste Woche!